Wie wir das Land erlebt haben
Fast einen Monat sind wir jetzt durch Frankreich gereist. Wir haben dabei ganz schön viel gesehen, vieles erlebt und viele Leute getroffen. Vom Genfer See aus ging es für uns nach Bordeaux und dann immer am Atlantik entlang, bis wir schließlich am Ärmelkanal ankamen. Zu guter Letzt konnten wir noch der französischen Nordsee einmal "guten Tag" sagen, bevor es dann jetzt für uns über Belgien und Holland weiter in Richtung Norden geht. Wir haben unseren ersten Reisemonat für uns revue passieren lassen, haben alle zusammen darüber gesprochen, wie uns Frankreich gefallen hat und hier kommt nun also unsere ganz persönliche Meinung über dieses ganz nahe und doch immer noch fremde Land, das sicher noch ganz andere Facetten aufzeigt, als wir sie erlebt haben. Nur soviel schonmal vorab: Wir waren auch vorher schon gerne in Frankreich und werden bestimmt nochmal unseren Urlaub dort verbringen.
Das Reisen in der Vorsaison
Es war das erste Mal, dass wir ganz bewusst in der Vorsaison weggefahren sind. Bisher waren wir eher im September unterwegs, was auch nicht mehr in der Hauptsaison liegt, dennoch ist es etwas völlig anderes im Frühjahr zu reisen. Es ist einfach so wunderbar! Der Frühling ist so eine besondere Jahreszeit. Alles erwacht wieder zum Leben und fängt an zu blühen und zu duften. Zuhause freuen wir uns auch immer, wenn wir kleine Frühlingsboten entdecken. In Frankreich haben wir das Frühlingserwachen ganz anders erlebt. Da wir hauptsächlich an der Küste unterwegs waren haben wir viele Pflanzen und Gerüche wahrgenommen, die bei uns in Süddeutschland nicht wachsen. Es war ein anders Frühlingserwachen aber so kraftvoll und herrlich, dass wir das Aufwachen der Natur richtig spüren konnten. Ein Aufwachen haben wir auch an einigen andern Orten gespürt. Es waren so wunderschöne Stimmungen an vielen (eigentlichen) Touristen Hotspots. Vor allem an der Dune du Pilat ist es uns aufgefallen, auf wie viele Leute die Campingplätze (und Preise in der Hauptsaison) ausgelegt sind. Wir waren dort und auch an einigen anderen Stellen aber fast alleine. Solche Naturwunder einfach in Ruhe genießen zu können war für uns wunderbar. Dass die Orte, die wir besucht haben nicht von Menschenmengen überlaufen waren und die Campingplätze oft auch richtig günstig waren, hat uns natürlich gefreut. In der Vorsaison zu verreisen ist also definitiv ein neuer Favorit geworden.
Autofahren in Frankreich - Ein Kapitel für sich
Wir sind in Frankreich viel Auto gefahren. Da wir, so gut es ging, die Autobahn gemieden haben, sind wir viel über kleine Straßen an der Küste oder im Hinterland gefahren. Dabei machten wir die skurrilsten Erfahrungen. Von (gefühlten) uralten Kleinwagen, die an uns vorbeizischten, über superviele waghalsige Überholmanöver, die wir gesehen haben bis hin zu Lieferwägen, die auf superschmalen Straßen weder zur Seite fahren, noch bremsen wollten oder LKW's, die uns im dreispurigen Kreisverkehr ganz innen überholt haben... Apropos Kreisverkehr: Ich bin inzwischen übrigens Profi darin in mehrspurigen Kreisverkehren zu fahren nachdem ich auf unserer Fahrt ins Krankenhaus (inzwischen ist alles wieder gut!) so schnell wie möglich ankommen wollte und einfach ins kalte Wasser gesprungen bin. Trotzdem, dass ich durchaus finde, dass diese Art der Verkehrsführung durchaus Sinn ergibt, wirkt alles oft ziemlich chaotisch und umkoordiniert. Auch innerorts scheinen der französischen Verkehrsführung kaum Grenzen gesetzt zu sein. Eine Ortsdurchfahrt sieht dann ungefähr so aus: Ortsschild 50km/h, 100m später 30km/h dann IMMER ein Geschwindigkeitsbegrenzungshubbel, über den man maximal mit 15km/h fahren kann, dann wieder 50km/h, 20m später wieder 30km/h und wieder ein Hubbel...je nach länge des Ortes könnte das jetzt ewig so weitergehen...Die ganzen Hubbel scheinen übrigens (erstaunlicherweise) der Federung unseres Autos nichts ausgemacht zu haben! ...dazu kommen dann noch die verschiedensten Kreisverkehre, von denen es in jedem Ort mindestens 5 gibt. Außerdem lauter komische Kreuzungen, an denen dann plötzlich der Feldweg, der von links hinten auf die Straße mündet, Vorfahrt hat. Kurzum: Es ist definitiv abwechslungsreich! Und was Frankreich hat, was in Deutschland manchmal fehlt: gefühlt alle 10m einen Zebrastreifen...Und auch wenn da keiner anhält, eine Regel scheint immer zu funktionieren: Am Stoppschild steht jeder!
Nachhaltigkeit beim Einkaufen
Dieser Punkt hat uns sehr positiv überrascht. Wir hatten im Vorfeld (Rückschluss aus früheren Frankreichurlauben) gedacht, dass es schwierig werden könnte in Frankreich biologische oder gar unverpackte Lebensmittel zu kaufen. Aber direkt der erste Besuch in einem der riesigen Supermärkte lehrte uns eines Besseren: Wir fanden eine große Abteilung mit Bio-Lebensmitteln und auch mit einigen veganen Sachen. Außerdem hatte der Supermarkt, wie auch jeder weitere Supermarkt, in dem wir waren, eine ziemlich große Abteilung mit unverpackten Lebensmitteln. Von Reis über Linsen, bis zu Schokolade oder Keksen. Außerdem haben wir zusätzlich dazu auch echt viele Bio-Supermärkte gefunden, die ebenfalls immer mit einer großen unverpackt-Abteilung ausgestattet waren. Im Prinzip kann man sich hier in jedem Biomarkt komplett unverpackt eindecken. Das finden wir eine ziemlich coole Sache, weil das uns zeigt, dass das unverpackt-Thema nicht auf kleine Läden beschränkt ist, die sich extra darauf spezialisiert haben, sondern, dass es in Frankreich sogar schon in den ganz großen Supermärkten angekommen ist. An der bretonischen Küste haben wir außerdem immer wieder Hofläden oder Obst- und Gemüsestände gefunden, die regionale Produkte, häufig auch unverpackt verkauft haben. Wir hoffen, dass diese Entwicklung, die Frankreich in den letzten Jahren gemacht hat, auch bald in Deutschland ankommt.
Das Leben an der Küste
4 Wochen lang haben wir jetzt jeden Tag das Meer gesehen, haben oft direkt am Meer übernachtet, unendlich viel im Sand gebuddelt und viele Menschen an der Küste erlebt. Da ja noch nicht so sehr viele Touristen unterwegs sind haben wir auch viele Einheimische Menschen am Meer getroffen und sind ab und zu mit ihnen ins Gespräch gekommen. Viele Menschen essen hier gerne Meeresfrüchte. Und dank unserer wissbegierigen Kinder, haben wir viel nachgefragt und kennen uns jetzt bestens mit Muscheln, Krebsen und Seespinnen aus. Wir haben nämlich ziemlich viele Leute getroffen, die im Watt Muscheln gesammelt haben. Die meisten haben Austern oder Miesmuscheln gesammelt aber auch andere kleinere Muscheln, die wir anschauen konnten und theoretisch auch hätten probieren dürfen. Je weiter wir in den Norden kamen, desto weniger Muschelsammler haben wir getroffen. Dafür haben wir dann immer öfter Taucher gesehen, die, teilweise mit Harpunen bewaffnet, ins Meer gegangen sind, um Seespinnen, Krebse oder Tintenfische zu fangen. Die Seespinnen konnten wir uns bei einem Taucher genauer anschauen und waren dann aber doch alle ganz froh, dass wir an der Stelle am Meer nur Mittagspause einer Wanderung gemacht haben und nicht baden gehen wollten... Auch in jedem größeren Supermarkt konnte man Seespinnen, Hummer und viele, viele andere Seetiere und verschiedene Meerespflanzen kaufen. Das Meer scheint hier den Speiseplan der Leute stark zu beeinflussen. Für uns blieb das Essen jedoch eher recht Meerfrei...Bis auf Meersalz sind wir wohl eher Landesser :D
Was uns an der französischen Küste unglaublich fasziniert hat ist, dass die Küste nicht bebaut werden darf. So kommt man eigentlich überall ans Meer und hat die wunderschöne Natur, den Überganz von Wasser zum Land als ganz natürliche Begebenheit, die durch den Menschen (kaum) beeinflusst wird. Wir haben viele unterschiedliche Küstenabschnitte gesehen. An der Düne gestartet, über die unglaublich beeindruckende felsige Küste der Bretagne, bis zu schier endlosen Sandstränden in der Normandie und am Ärmelkanal. Wir haben Robben und Delfine gesehen und viele Seevögel, wie Möwen und Kormorane.
Während die Bretagne mit ihren wildromantischen Küsten und den vielen Weiden im Hinterland, einfach zum runterkommen, wandern und Seele baumeln einlädt, ist die Normandie noch viel stärker von den Folgen des zweiten Weltkriegs geprägt. Hier hängen in jedem Ort an der Küste Bilder von Kriegshelden, es gibt unglaublich viele Museen, Gedenkstätten und Kriegsorte zu besichtigen. Mit den Kindern haben wir diese (noch) nicht besucht, wir haben aber einen deutlichen Unterschied in der Stimmung der beiden Gegenden bemerkt. Auf der einen Seite die recht schwere, geschichtsträchtige und bemerkenswerte Normandie und auf der anderen Seite die leichte, verspielte und fast magische Bretagne. Wir haben viel mehr Zeit in der Bretagne verbracht und uns auch ziemlich in diesen Teil von Frankreich verliebt. Es gibt dort auch einen Wanderweg, immer direkt an der Küste entlang: Einen Teil davon zu laufen, wird bestimmt mal ein tolles Urlaubsvorhaben von uns, wenn die Jungs ein bisschen größer sind.
Wie wir die Menschen erlebt haben
Uns ist aufgefallen, dass es ganz schön viele Vorurteile den Franzosen gegenüber gibt: ein bisschen hochnäsig, eingebildet, können kein Englisch, essen immer Baguette und Frösche...und so weiter...
Und wie das mit den Vorurteilen immer so ist müssen wir mit unserer Erfahrung hier jetzt auch mal aussortieren: Also, ja, wir haben kaum Franzosen getroffen, die Englisch gesprochen haben. Wie gut, dass Marius so gut französisch spricht! Im Prinzip ist es uns erst so richtig aufgefallen, als Marius ins Krankenhaus musste und auch dort keiner Englisch konnte, Aber dort haben sich alle sehr viel Mühe gegeben, langsamer zu sprechen, damit wir auch alles verstehen. Wenn wir bei irgendetwas nachfragen mussten, haben uns die Menschen gerne alles nochmal erklärt und waren super hilfsbereit.
Ansonsten können wir aus der Vorurteilskiste nicht viel bieten: Wir haben mit so vielen Menschen gesprochen, haben viele Leute Dinge gefragt, die uns Interessierten, wie z.B. beim Muscheln sammeln, Die Menschen waren total aufgeschlossen, haben uns gerne alles gezeigt und erklärt. Wir haben so auch total viel über die Leute erfahren und viel über das Leben in Frankreich gelernt. Manchmal wurden wir einfach angesprochen, weil die Leute sich für unser Auto, die Kinder oder uns und die Reise interessierten. Wir hatten kein einziges unfreundliches Gespräch und sind froh, dass wir so viele nette Franzosen getroffen haben. Achso, doch ei Vorurteil stimmt noch: Es wird wirklich wahnsinnig viel Baguette gegessen. Aber das haben wir dann einfach auch so gemacht! Ist ja auch super lecker!
Hier ist so viel Platz!
In Frankreich leben ca. 20% Menschen weniger und das Land ist ca 1,5 Mal größer, im Vergleich zu Deutschland. Immer wieder haben wir das gemerkt. Super oft waren die Straßen, auf denen wir gefahren sind waren gesäumt von Weide- oder Ackerland. So viel Platz für so wenige Tiere sieht man in Deutschland sehr selten. Immer wieder kam von den Kindern der Ausruf: "Die Weide ist ja immer noch nicht zu Ende!" Für uns war es ganz schön erstaunlich zu sehen, wie dünn besiedelt das Hinterland in Frankreich ist. Auf unserer Edelwanderung ist uns das auch schon aufgefallen. Für die Weidetiere ist es sicher schön so viel Platz zu haben. Aber manchmal wirkte dieser viele Platz und die wenigen Häuser für uns auch ein wenig traurig. Wir haben uns oft gefragt, wo arbeiten die diese Leute wohl und kann man von der Landwirtschaft hier wirklich leben? Generell haben wir den Eindruck bekommen, dass es in Frankreich viel mehr Menschen gibt, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben, als bei uns Zuhause. Dass die Häuserfassaden nicht repariert werden können oder an den Autos kaputte Fenster mit Klebeband abgedichtet werden müssen, war auf unserer Reise durch Frankreich eigentlich in jedem Ort zu sehen. Frankreich und Deutschland stellen innerhalb der EU zusammen die Wirtschaftsstärksten Länder dar. Für uns war es erstaunlich und auch verwunderlich zugleich, dass man davon, im direkten Vergleich, nicht so viel gemerkt hat. Das ist unser persönlicher Eindruck davon, wie wir die Leute und das Land erlebt haben. Wir haben keine Wege dafür gefunden, ob das stimmt und natürlich kann es auch sein, dass uns unser Gefühl in diesem Punkt trügt.
Wir waren zwar schon vorher ein paar mal in Frankreich im Urlaub, aber noch nie an der Atlantikküste. Wir haben wunderbare neue Dinge kennengelernt und trotzdem war manches schon ein bisschen vertraut. Wir sind richtig froh, dass unser Reisestart über die Schweiz nach Frankreich führte. Da wir auch fast die ganze Zeit richtig schönes Wetter hatten, konnten wir uns hier einfach gut auf das Unterwegssein einlassen. Wir hatten genug Zeit uns 5 als Reiseteam einzuspielen und unseren Bus und das Nomadenleben kennenzulernen. Inzwischen fühlt sich das Reisen schon gar nicht mehr so an, wie ein normaler Urlaub. Wir haben einen ganz guten Rhythmus aus Fahren und Verweilen gefunden, der gut zu uns passt. Wir haben schon jetzt so viele tolle Eindrücke gesammelt und so viel schöne gemeinsame Zeit verbracht, dass unser Fazit nach einem Monat definitiv so klingt: Wir sind froh, dass wir losgefahren sind und Frankreich ist, wie oben schon verraten, auf jeden Fall eine Reise wert und für uns war es bestimmt nicht das letzte Mal!
-Danke Frankreich!
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